Echte Männer brauchen das Abenteuer. Auf 2 Rädern über losen Untergrund bügeln, den Staub des Vordermanns fressen und großartige Landschaften genießen. Solcherlei Vorhaben wecken sofort Assoziationen mit Südamerika, der Mongolei, der „Road of Bones“ in Sibirien oder zumindest Skandinavien. Für einen Kurzurlaub ist das alles zu weit weg, daher widmet sich die SnapNRide-Tour 2014 einem Ziel vor der (quasi) Haustür: Slowenien.
Das der August für mich 5 Tage Motorradurlaub zulassen würde, war schon einige Wochen klar. Tom wollte sich die Zeit auch frei halten, Tomie hatte arbeitsbedingt abgewunken und Antje würde die Betreuung von Yannic übernehmen. Einen richtigen Plan hatte ich noch nicht, Richtung Süden sollte es gehen, vielleicht mal wieder zum Gardasee? Dann rief Tomie an, da er sich das Wochenende ab Freitag Mittag frei schaufeln konnte und hoffte, dass wir ein Ziel innerhalb einer halben Tagesreise ab Wels ausgewählt hätten. Da noch nichts fest stand, gingen wir gemeinsam auf die Suche und verglichen Unterkunftsangebote, Wettervorhersagen und Verkehrsanbindungen. Dabei war schnell klar, dass Südtirol im August keine optimale Wahl ist. Die Idee haben nämlich offensichtlich auch ein ganzer Haufen anderer Biker bereits gehabt – es waren diverse Unterkünfte bereits ausgebucht. Doch was dann? Tomie warf Slowenien ins Rennen und begann, Unterkünfte zu suchen. Ich begutachtete das Zielgebiet auf der Karte und fand im Bereich um die Julischen Alpen jede Menge weiße und graue Straßen auf der Karte. Damit war unser Zielgebiet geklärt und in Kranjska Gora fand sich schnell eine gute Unterkunft.
Da Tom und Tomie arbeiten mussten, habe ich die Routenplanung übernommen und eine 300km-Runde auf kleinsten Straßen ausgearbeitet. Nach allem, was an Informationen verfügbar war, sollte auch der eine und andere Schotterabschnitt dabei sein. Mangels Ortskenntnis war alles Weitere für uns Spannung und Überraschung.
Remo startet früher
Die Tage verflogen, die Urlaubswoche begann und ich scharrte wohl so offensichtlich mit den Hufen (wie sagt man sowas eigentlich unter Motorradfahrern?), dass Antje mich bereits am Mittwoch ziehen ließ. Tom bot mir spontan Quartier an, obwohl er noch zu arbeiten hatte. Daher wählte ich für den Mittwoch eine Route über Nebenstraßen Richtung Fränkische Schweiz. Antje war im Mai auf ähnlichem Weg unterwegs (siehe hier) und schwärmte von einer plötzlich in einen Waldweg übergehenden Straße, welche ich mir zu finden vornahm. Auf diese Weise lassen sich die gut 350km durchaus auf entspannte 7 Stunden verteilen.
Besagte „Straße“ glaube ich auch gefunden zu haben. Im Gegensatz zu Antjes TomTom bin ich allerdings weniger zuversichtlich, dass besagter Weg wirklich für den gemeinen Motorradfahrer vorgesehen ist ;)
350km haben mir mal wieder nicht ausgereicht und ich konnte Tom noch zu einer Feierabendrunde durch das Hirschbachtal überreden. So konnte ich die hier beschriebenen Schotterstrecken mal unter die eigenen Räder nehmen und die eingerosteten Kenntnisse für die in Slowenien auf uns wartenden Überraschungen auffrischen.
Den Abend verbrachten Tom und ich mit der Planung einer Tagestour für mich am Donnerstag. Tom hatte sich nicht frei genommen, denn ein Aufenthalt in der Werkstatt war dringend nötig und für Freitag bereits vereinbart. Beim letzten Routinecheck war ein gerissenes Lenkkopflager diagnostiziert worden, welches vor der anstehenden Tour ausgetauscht werden sollte.
Der Donnerstag würde mich in Richtung Talsperre Hohenwarte führen (und damit wiederum auf Antjes Route). Wie schon erwähnt musste Tom arbeiten und ich vertrieb mir die Zeit mit eingehendem Landschafts- und Kurvenstudium. Ich hatte meine Runde so geplant, dass ich zurück sein sollte, wenn Tom aus der Firma zurück war.
Was macht man dann mit dem angebrochenen Abend? Klar, ein wenig Service vor der Tour. Flüssigkeiten checken, Schrauben überprüfen, Federvorspannung korrigieren und noch ein Blick auf die Kette. Verdammt, die ist aber locker! Tom findet zum Glück noch eine 27er Nuss in seinem Fundus und so ist das Nachspannen kein Problem. Dabei fällt allerdings mein Kettenöler negativ auf, denn die Spitze liegt wenige Millimeter neben dem Kettenblatt und ölt daher den Reifen und nicht die Kette. Die Zuleitung lässt sich aber schnell in die korrekte Position zurückbiegen. Was ich da noch nicht weiß: der Öler wird mein persönlicher running gag der Tour werden.
Tom hatte für uns Grillgut besorgt. Darin war Tom schon immer sehr gut. Traditionell mache ich den Grillmeister, während Tom für Tischdeko sorgt. Besonders beliebt sind bei uns diverse karaffenförmige Glasgefäße, vorzugsweise aus Schottland. Auch die fränkischen Vertreter sind gern gesehen, deren Inhalt sich allerdings deutlich von den schottischen Vertretern unterscheidet. Was ich nicht wusste: neben der Organisation von Speis und Trank kann Tom auch sehr gut Touren planen *g*. Okay er wurde ein wenig unterstützt durch einen gewissen Denzel. Während wir die von mir geplante Runde auf sein Navi übertrugen und in Basecamp nochmals eingehend analysierten, fiel Tom die Slowenische Grenzkammstraße ins Auge. Ein wenig die Beschreibung studiert, mit Google Maps und Streetview die Machbarkeit der Route für uns überprüft und nach wenig Überzeugungsarbeit war der Entschluß gefasst: wir planen um. Es war klar, dass wir nicht über 300km kommen wollten, damit wenigstens minimale Puffer für Fotostopps blieben. Also musste an anderer Stelle gekürzt werden. So war der Abend dann schnell in die Nacht übergegangen und es war Zeit, Schlaf zu finden. Der Freitag würde früh beginnen und lang werden.
Anfahrt
Freitag Morgen, 7 Uhr. Die Bikes sind gesattelt und wir starten in den Tag. Das muss festgehalten werden. Wenn es um eine gescheite Tour geht, ist es sogar möglich, Tom zu dieser gottlosen Uhrzeit aufs Bike zu treiben. Und mich auf die Autobahn. Vor uns liegen 140km, für 8.30 Uhr ist der Termin in der Werkstatt fixiert. Wir sind pünktlich, plaudern mit den Mechanikern, übergeben Toms Maschine zum Austausch des Lenkkopflagers und mir wird schnell noch das minimal zu lose Lenkkopflager festgezogen. Zwar kein echtes Problem, auf den letzten 1.000km aber immer nerviger geworden: es verursacht ein Knacken beim Bremsen. Ja, jammern auf hohem Niveau – ich weiß.
So sitzen wir bald in einem nahen Café und holen das bisher verpasste Frühstück nach. Gut und reichlich, wir sind fast zu faul um wieder aufzustehen. Aber es reizt eine Spritztour mit der Speed Triple und Tom kann da nicht nein sagen.
Nach einer guten Stunde durch das Umland sind wir zurück, Tom’s Tiger hat ein neues Lenkkopflager und endlich beginnt die eigentliche Tour. Die Anfahrt Richtung Slowenien muss – schon wieder – über die Autobahn erfolgen. Anders ist es nicht mehr möglich, noch mit Tageslicht in Kranjska Gora anzukommen. Habe ich erwähnt, dass ich Autobahnen mit dem Motorrad hasse? Jetzt wird mir wieder klar, warum das so ist. Die Fahrt ist langweilig, zum Glück ereignislos, aber anstrengend. Die Sonne brennt, die Blechkisten machen sich möglichst breit, um auch keinen gewonnenen Millimeter abgeben zu müssen. Dazu natürlich Stau, was will man auch erwarten an einem Freitag im August in Richtung Süden.
Den Hohentauern fuhren wir schon gemeinsam mit Tomie. Er war gegen Mittag von Wels aus gestartet und konnte sich daher die Autobahn ersparen. Die Verkehrsdichte lässt langsam nach, die Sonne sinkt und bei Faak am See machen wir eine letzte Pause. Die Akkus unserer Headsets sind fast leer, der Rest der Tour bedarf aber kaum einer Abstimmung. Mit 1.073m stellt der Wurzenpass keine klimatische Herausforderung dar und danach ist es bis Kranjska Gora nicht mehr weit.
In Sachen Unterkunft hatte Tomie ein gutes Händchen bewiesen und ein Hotel mit gutem Service, eigener Garage und schönem Zimmer zu einem absolut fairen Preis gefunden. Nach einer Dusche wollten wir uns von der Qualität des Hotelrestaurants überzeugen. Es war derart beliebt, dass wir keinen Platz bekamen und mit der direkt daneben liegenden Pizzeria vorlieb nehmen mussten.
Grenzkammstraße
Der Morgen begann mit einem reichhaltigen Frühstücksbuffet und reichlich Vorfreude. Daher hielten wir uns auch nicht zu lange damit auf (was fast schon schade war) und starteten bald Richtung Vršič-Pass. Nach der Abfahrt auf der Südseite dann der erste unplanmäßige Stop: der CLS-Kettenöler an meiner Maschine ölte alles, nur nicht die Kette. Das Problem konnten wir – dank Tom’s vollem Körpereinsatz – er lag zeitweise unter meiner Maschine – zwar mildern, aber nicht gänzlich beseitigen. Gerade auf den an diesem Tage noch folgenden Schotterstrecken sorgten die Erschütterungen immer wieder dafür, dass die Düse nicht mehr am Kettenblatt anlag, sondern fröhlich Öl auf dem Hinterreifen verteilte.
In Richtung Süden werden die Straßen schmaler, der Verkehr weniger und in Idrsko biegen wir endlich ab,um auf die Slowenische Grenzkammstraße zu kommen. Weit weniger bekannt als das italienische Pendant die Ligurische Grenzkammstraße – vielleicht weil weniger spektakulär – handelt es sich um eine großteils asphaltierte, schmale Strecke. Auf dem Kamm parallel zur italienisch-slowenischen Grenze führend, bieten sich immer wieder Gelegenheiten für einen Fotostop. Tageshighlight sind für uns die immer wieder eingestreuten Schotterabschnitte. Sowohl die Grenzkammstraße als auch der süd-östliche Teil unserer Route bieten ein paar Kilometer Schotter- oder Naturstraße.
Womit wir bei der Tourplanung nicht gerechnet hatten, war die magische Anziehungskraft von Wasser. Schien es uns noch eine gute Idee ein kleines Stück am See in Bled entlang zu fahren, entpuppte sich dies als DAS Naherholungszentrum der gesamten Region und wir steckten zwischen Fußgängern, parkenden Autos und unmotiviert auf der Straße stehenden Quads fest. Auch mit Koffern lässt es sich an einem Stau vorbei schlängeln, daher verloren wir nur ein paar Minuten und konnten den Rest der Strecke zurück zum Hotel wieder genießen. Mit Ausnahme von Bled führte uns unsere Route an diesem Tag über eher einsame und kleine Straßen, weit ab von Hektik und überfüllten Pässen. Das hatten wir gesucht, das war Urlaub.
Für den Abend hatte Tomie in weiser Voraussicht einen Tisch reserviert und wir konnten die einheimische Küche testen. Zumindest diejenigen, die den Mut dazu hatten (ich schaue jetzt mal niemanden an…). Wir ließen uns Zeit, genossen den warmen Abend und gönnten uns zum Abschluß noch eine Kugel Eis im gegenüber liegenden Cafe. Dann war es auch schon Zeit, die Abfahrt am nächsten Tag vorzubereiten. Mögliche Strecken anhand der Karte diskutieren, Navi programmieren, Akkus aufladen und wieder alles verstauen. Tom und Tomie konnten ein Stück weit gemeinsam Richtung Norden fahren, ich bog gleich nach dem Wurzenpass in westlicher Richtung ab und schon waren die anstrengenden, doch schönen gemeinsamen Tourtage bereits wieder Geschichte.
Die Region hat offensichtlich noch sehr viel mehr zu bieten. Ich bin mir sicher, wir werden bald wiederkommen um mehr zu entdecken.
Wir haben hier noch eine Menge weiterer Fotos und sogar noch eine Minute Film ;)
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