Meistens kommt es anders als man denkt. So auch unsere letzte Wochenend-Tour. Geplant war am Morgen am Bodensee zu starten, einen Cappuccino oder ein Eis (oder beides) am Lago Maggiore zu genießen.
Zurück über ein paar Pässe hätte man den Tourtag auf dem Balkon mit frisch Gegrilltem ausklingen lassen können. Alternativ fährt man sich am Vortag einen Nagel ins Hinterrad und gestaltet den folgenden Vormittag anders spannend.
Der erste Reflex ist natürlich der Griff zum Telefon, um die „gelben Engel“ um einen Taxidienst zum Reifenhändler des Vertrauens zu bitten. Gesagt – getan. Die Lage ist am Telefon schnell geschildert, man ist auch willens zu helfen…Während die Zeit vergeht und nichts passiert, fällt auf, dass am Samstag der Reifenhändler um 12 Uhr die Tore schließt. Es ist bereits eine knappe Stunde vergangen, ohne dass sich ein Abschlepper sehen oder hören ließ. So kann das nicht weiter gehen, wenn heute noch ein paar Kilometer unter den dann neuen Reifen genommen werden sollen. Also wird selbst Hand angelegt!
Ein Hauptständer würde die Aktion erleichtern, ist aber nicht zwingend notwendig. Zumindest einen Montageständer sollte man jedoch verwenden, bitte keinen wackligen und windigen Konstruktionen! In unserem Beispiel haben wir eine Kawasaki ER-6f verwendet, grundsätzlich funktioniert das bei Maschinen mit Kettenantrieb aber gleich. Auf der in Fahrtrichtung linken Seite sitzt eine mit einem Splint gesicherte Achsmutter (auf der anderen Seite sieht es zwar aus wie eine Mutter, ist aber keine – hier bitte keine Nuss ansetzen und mit Kraft etwas bewegen wollen, das geht schief!), die sich mit einer 27er Nuss und einem entsprechenden Hebel öffnen läßt. Erst danach die Maschine aufbocken, die Losbrechkräfte sollten nicht auf Hauptständer oder Montageständer (oder gar andere windige Konstruktionen – ich habe doch ausdrücklich davor gewarnt?!) übertragen werden. Die Kette kann dann vom Zahnkranz gehoben werden.
Wer puzzeln mag, lässt nun die Bremse wo sie ist und fädelt mit viel Geschick das Rad heraus. Das geht – wir haben es probiert. Kostet aber Zeit und Nerven und ist (auch mit helfenden Händen) beim Radeinbau unendlich mühsam. Also lieber gleich die 2 Schrauben vom Bremssattel lösen und sich das Leben erleichtern.
Auf diese Weise lässt sich auch ohne großartige Schrauberkenntnis ein defektes Rad demontieren, rechtzeitig zum Reifenhändler transportieren (wir haben in dem Fall das Auto gewählt, theoretisch geht das auch per Motorrad) und mit einem neuen Reifen versorgen lassen. Während der Reifenhändler seiner Arbeit nachging, rief übrigens die Zentrale der „gelben Engel“ an und wollte alle Daten, die wir 2 Stunden davor durchgegeben hatten nochmals telefonisch bestätigen lassen…Ein Abschlepper war also noch immer nicht unterwegs und es war bereits kurz nach 11 Uhr. Wir werden nie herausfinden, ob sich das noch ausgegangen wäre.
Mit dem neuen Rad geht es also wieder zurück zum Patienten, ohne den störenden Bremssattel lässt es sich mit einem Helfer zusammen problemlos wieder an seine Stelle setzen. Kette wieder auflegen, Bremse montieren Achsmutter festziehen (je nach Fahrzeug, wir haben 105 NM genommen) und nochmals alle Schrauben kontrollieren. Im Notfall kann man so den Tag schon retten (wir sind zum Beispiel dann zu einer Tour ins Namlostal aufgebrochen und hatten noch einen schönen halben Tourtag). Natürlich sollte man eigentlich die Lager/Achse fetten vor dem Wiedereinbau, die Kettenspannung überprüfen, keine Einzelteile (z.B. Distanzhülsen) übrig haben und dafür Sorge tragen, dass das Rad auch gerade eingebaut ist. Wer mit einem Drehmomentschlüssel umzugehen weiß, schafft das aber.
Noch ein paar Bilder mehr gibt es hier
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